ein Zwölftel
2022 - ein Zwölftel ist schon vorbei. Fast jedenfalls, wir schreiben den 29. Januar, in einem Monat ist schon der erste März. Ich schwanke etwas mit meinem Zeitgefühl - irgendwie war doch Silvester erst gestern, oder etwas nicht? Auf der anderen Seite habe ich das Gefühl, wir würden schon ewig unsere Gesichter in der Öffentlichkeit auf die obere Hälfte reduzieren. Waren wir nicht schon immer in einer Pandemie? Haben wir uns nicht schon immer mit Covid-Zertifikaten herumgeschlagen? Und überhaupt, impfen, das gibt's doch seit ich ein Kind war.....
So einfach ist es natürlich nicht. Und ehrlich gesagt sehe ich auch einige Vorteile in der aktuellen Situation. Beispielsweise spielt es im Zug überhaupt keine Rolle, ob ich rasiert bin oder nicht - sieht ja keiner. Gut, spielte auch vorher keine Rolle, interessierte ja keinen. Aber ein Gespräch mit dem Chef in Trainerhosen, das gab's früher definitiv nicht. Aber zurück zum Zeitgefühl, diese elende Pandemie, wann genau hat die angefangen? Bei mir ist der Schnitt natürlich ziemlich krass, vor der Pandemie war ich auf dem Land zu Hause, zu dritt in einem Haus, plus zwei Hunde. Nach der Pandemie - es sieht so aus, wie wenn wir langsam aber sicher in eine Endemie kommen - lebe ich in der Agglo von Bern, solo. Die Veränderung ist gross, eigentlich ist nicht mehr viel so, wie es früher einmal war.
Darf ich das nun alles der Pandemie zuschieben? Natürlich nicht, sie ist weder der Auslöser noch der Katalysator für diese Prozesse. Es ist einfach zufällig zusammengefallen, positiv war es aber trotzdem nicht. Die Veränderungen in meinem Leben haben eigentlich eine Situation geschaffen, in denen ich auch neue Möglichkeiten gehabt hätte. Hätte, weil es eben auch Veränderungen in der Gesellschaft gab: heute ist man distanziert, noch distanzierter als früher. Lieber stehen im Zug als zu einer fremden Person dazusitzen. Alle Mitmenschen sind potentielle Virenschleudern, die Übertragung - das weiss man heute - erfolgt primär über diese Tröpfchen in der Luft. Mit jemandem sprechen ist also etwas Hochriskantes. So hatte ich mir das eigentlich nicht vorgestellt, meinen Neustart in Zollikofen. Aber was soll's, ich kann's ja nicht ändern.
Da tut es gut, wenn man zumindest ein paar Familienmitglieder hat, die noch "normal" ticken und so "funktionieren" wie früher. Ein angenehmer Kontrast in einer Gesellschaft, welche sich in den letzten zwei Jahren meiner Meinung nach nicht nur stark digitalisiert hat, sondern auch die ICH-Gesellschaft gestärkt hat. Egoismus ist der Trend der Stunde, Toleranz ein Fremdwort geworden. Es ist wohl dringend an der Zeit, dass wir die Menschen wieder aufeinander los lassen, damit wir alle wieder lernen, physische Kontakte zu pflegen und uns mit Menschen aus Fleisch und Blut auseinanderzusetzen. Homeoffice-Empfehlung statt Pflicht, Aufhebung der Quarantäne, ja gar ein Ende der Zertifikatsgeschichte stellte Bundesrat Berset jüngst in Aussicht - macht ihn doch echt noch sympathischer, den Widder der zweiten Dekade.
2022 - ehrlich gesagt muss das eigentlich ein tolles Jahr geben. Die zwei ist meine Glückszahl, und mehr Zweien gibt es erst in 200 Jahren, und wenn ich das noch erleben sollte, dann ist echt was Komisches passiert. So gesehen - in Bezug auf die Glückszahl - müsste ich es eigentlich vielen Paaren gleich machen und in gut drei Wochen, am 22.2.22, heiraten. Steht aber nicht auf meiner Bucket List....
Kommentare
Kommentar veröffentlichen