20. Februar

Wenn ich in Richtung Kirchturm blicke, zeigt sich etwas blauer Himmel. Vom Dach tropft noch der Regen von letzter Nacht, aber Schnee ist hier in Zollikofen weit und breit keiner in Sicht. Natürlich braucht es hier auch keinen, damit wir den Winter als solchen wahrnehmen. Aber 5 Grad am Morgen und über 10 am Nachmittag, das klingt wahrlich nicht winterlich. Gefühlt ist es ja auch schon Frühling, soviel ist klar.

Vielleicht hilft das ja etwas der Luftqualität. Weniger Kälte bedeutet auch weniger Heizen und damit weniger Feinstaub. In Mailand - Irrtum vorbehalten - ist gerade alles diesbezüglich etwas eingeschränkt worden: Heizen bis maximal 19 Grad, Verbot für Dieselmotoren und einige Benziner. Was auf den ersten Blick martialisch klingt, ist nur eine Massnahme auf erschreckende Feinstaubwerte: das Achtfache der Grenzwerte wurde in den letzten Tagen überschritten. Oder anders gesagt: wir haben das immer noch nicht im Griff. Wir müssen ja nicht davon ausgehen, dass Mailand einfach eine besonders schmutzige Stadt ist (bezogen auf die Luftqualität). Nein, in anderen Städten gleicher Grösse wird es vergleichbare Werte geben, nicht überall, es ist aber auch nicht überall besser. Und dort drückt man dann einfach beide Augen zu. Würde man dies bei atomarer Strahlung gleich handhaben, wäre unser Erbgut vermutlich schon stark geschädigt und Mutationen oder Unfruchtbarkeit allgegenwärtig. Die Folgen der Luftverschmutzung sind einfach weniger direkt ableitbar, sie sind aber auch da.

Die Schweiz wiederum - zumindest Teile der politischen Bevölkerung - hat eine alte neue Idee auf den Tisch gebracht, um ohne Luftverschmutzung die absehbare Energiemangellage aus der Welt zu schaffen. Dabei sollen nicht etwa erneuerbare Quellen genutzt werden, nein, man will wieder auf die Atomkraft setzen. Dabei ist ja immer noch nicht klar, wo der strahlende Abfall der letzten Jahrzehnte gelagert werden soll. Und hier müssen wir in grossen Dimensionen denken, die Lagerung muss sehr, sehr lange geschützt erfolgen. Gemäss Kernenergie.ch strahlt hochradioaktiver Müll auch nach 1000 Jahren noch wesentlich stärker als Natururan. Es braucht sogar 200'000 Jahre, bis die Strahlung auf dem Niveau dieses natürlichen Gesteins liegt. Und jetzt sprechen einige Menschen in der Schweiz von neuen AKWs. Wenn das nicht ein Vermächtnis an kommende Generationen ist...da wirkt die 13. AHV-Rente in ihren folgen geradezu winzig im Vergleich dazu. Vielleicht sollten wir uns zuerst überlegen, was wir mit dem Müll anstellen wollen, den wir schon haben....

Die ganze Sache ist natürlich noch lange nicht durch. Und ich glaube auch nicht, dass wir so schnell neue AKWs in der Schweiz sehen werden. Zuerst einmal müsste die Gesetzeslage wieder geändert werden. Dann braucht es ausgereifte Projekte - und wer will schon ein AKW vor seiner Haustüre? Widerstand ist vorprogrammiert, Kaiseraugst lässt grüssen. Ganz wichtig bei diesen Projekten wird sein, dass nicht der Bund - und damit das Volk - irgendwelche Kosten übernimmt. Ein solches Kraftwerk stellt eine sehr hohe Investition dar, die Bauzeit von der Idee bis zum fertigen Kraftwerk dauert Jahrzehnte. Ich sehe aktuell keine Investoren, welche hier derart langfristig denken. Das kann sich natürlich mit angepassten Gesetzen ändern, aber der Bund soll sich hier raushalten und die Fördermittel für erneuerbare Energien einsetzen. 

Der ganz normale Wahnsinn, an einem ganz normalen Dienstag in einer manchmal nicht mehr ganz so normalen Welt...

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